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Aufmerksamkeit mit Wow-Power: Das Guerilla-Marketing

Source: businessinsider.com

Guerilla-Marketing will Werbung mit Wow-Effekten erfolgreich machen. Einzigartige, originelle Kampagnen sollen mit spektakulären Massnahmen die Aufmerksamkeit der Zielgruppe erregen. Und das ist heutzutage gar nicht mehr so einfach. Denn moderne Konsument*innen werden spamartig mit Promotion-Aktionen überschwemmt und haben sich längst daran gewöhnt, einen Grossteil davon einfach auszublenden. So abgebrühte Adressaten noch zu verblüffen, erfordert also eine ausgefeilte Guerilla-Taktik.

Guerillakämpfer, auf die diese Marketing-Strategie zurückgeht, nutzen den Überraschungsmoment, um ihren Feind aus dem Hinterhalt zu überwältigen. Übertragen auf die Werbung geht es darum, sich die Aufmerksamkeit der Verbraucher*innen durch einen Knalleffekt zu erschleichen. Aus dem Hinterhalt direkt ins Bewusstsein der Zielgruppe.

Wie geht Guerilla Marketing?

Im Kampf verblüfft man Feinde nicht allein mit Waffen, auch die Position, aus der ein Angriff erfolgt, trägt zum Überraschungseffekt bei. Im Marketing geht es bei der Guerilla-Taktik neben den spektakulären Inhalten auch um den Ort, an dem diese den überraschten Konsument*innen präsentiert werden.

Die alles entscheidende Frage im Guerilla-Marketing heisst: Wie errege ich Aufmerksamkeit? Das Ziel einer spektakulären Kampagne besteht darin, den Betrachter*innen ein ‚Wow‘ zu entlocken. Aber wie kann man spamgeplagte Verbraucher*innen heute noch flashen? Mit unkonventionellen, originellen Massnahmen, die verblüffen. Die mit Werbung gleichmässig berieselte Masse soll durch einen unvorhergesehenen Paukenschlag aus ihrer Lethargie gerissen und mit einem Wow-Effekt überrascht werden.

Die Idee Jay Conrad Levinsons

Seit der amerikanische Unternehmensberater Jay Conrad Levinson die Idee des Guerilla-Marketing in den 1980er Jahren populär machte, ist es Werber*innen immer wieder gelungen, mit unkonventionellen Kampagnen ins Bewusstsein der Konsument*innen vorzudringen. Dabei müssen die Strateg*innen sich heute von etwa 13‘000 täglichen Werbebotschaften absetzen, mit denen die zeitgenössische Menschheit bombardiert wird. Aber nur wenn eine echte Bombe darunter ist, wird die Aufmerksamkeit geweckt. Denn die Aufnahmekapazität unseres Gehirns reicht für nicht mehr als höchstens 5‘000 dieser Botschaften pro Tag aus.

Levinson wollte mit seiner Guerilla-Idee die Werbebombe mit geringstmöglichem Aufwand platzen lassen und dabei optimale Wirksamkeit erzielen. Guerilla-Kampagnen sollten vom Alltäglichen abweichen, unerwartet und plötzlich durch unorthodoxe Inhalte ins Bewusstsein flashen. Es ging dem Unternehmensberater aber nicht allein um den momentanen Überraschungseffekt, sondern auch um das Langzeitgedächtnis der Verbraucher*innen. Guerilla-Werbung sollte sich durch unkonventionelle Kampagnen in den Köpfen verankern. Humor ist eines der wichtigsten Instrumente auf dem Weg dorthin.

Und genau das ist die Kunst des Guerilla-Marketing. Denn man hat nur den einen Überraschungsmoment. Ein Aha-Effekt lässt sich eben kein zweites Mal erreichen.

Das Wow geht viral

Gerade im Online-Marketing lassen sich mit diesem einen Augenblick riesige Reichweiten realisieren. Denn der Wow-Effekt hat häufig einen schnellen Click zur Folge. Da können die Likes und die Shares in den sozialen Medien regelrecht explodieren. Allerdings ist die Bombe, wenn Sie denn einmal gezündet wurde, nicht mehr zu stoppen. Ein bisschen Vorsicht ist bei der Guerilla-Taktik also geboten. Man sollte es mit den Schockmomenten um der Aufmerksamkeit willen nicht übertreiben, denn wenn eine Kampagne sich ins Negative dreht, geht sie mit umgekehrter Schubkraft viral.

Und das passiert auch kanalübergreifend. Denn Guerilla-Kampagnen schaffen besonders häufig den Sprung von der realen in die virtuelle Welt. Spektakuläre Offline-Werbung wird von den User*innen ohne Zutun der Initiator*innen im Netz verbreitet. So oder so.

Genau dieses Ziel hatte Levinson einst in den 1980er Jahren im Sinn, nämlich mit möglichst geringem Einsatz höchste Effizienz zu erreichen. Social Media verbreitet Guerilla-Marketing ganz von selbst und die User*innen verleihen der Aufmerksamkeitsbombe ihre Schubkraft.

Natürlich darf und soll Guerilla-Marketing

  • Schockmomente auslösen,
  • die Betrachter*innen erschrecken,
  • Schadenfreude ausnutzen,
  • Tabus ignorieren
  • und Konkurrent*innen verhöhnen.

Aber übertreiben darf man es eben nicht. Der Grat zwischen Geschmacklosigkeit und prickelndem Schockeffekt ist für Werber*innen hier besonders schmal.

Arten von Guerilla-Marketing

Guerilla-Marketing wird in vier Unterarten aufgeteilt:

  • Ambient-Marketing

Hier geht es um die Frage der Positionierung. Wo kann ich meine kämpferische Werbebotschaft mit grösstmöglicher Sichtbarkeit platzieren? Beim Street-Ambient-Marketing werden dafür beispielsweise Statuen im öffentlichen Raum genutzt, beim Indoor-Ambient-Marketing nutzt man öffentliche Gebäude wie Bahnhöfe. Ein geschickt gesetzter QR-Code überwindet die digitale Grenze und lässt die Bombe online explodieren.

Best Practice-Beispiel:

Das Unternehmen GoldToe zog grossen städtischen Skulpturen in New York Unterwäsche an, um seine Kollektion publik zu machen. Ein riesiger Bronzestier mit Boxershorts verursachte dabei besonders viel Aufsehen.

  • Ambush-Marketing

Hier nutzt man die bereits vorhandene Aufmerksamkeit grosser Events wie Sportveranstaltungen oder Konzerte. Die Relevanz der eigenen Werbebotschaft gewinnt durch viel beachtete Spektakel an Brisanz.

Best Practice-Beispiel:

Das Unternehmen Nike lief dem eigentlichen Sponsor Adidas beim Berlin-Marathon den Werberang ab, indem es den ältesten Teilnehmer komplett ausstattete. Die Kampagne rund um Heinrich Blümchen erregte hohes Aufsehen.

  • Sensation-Marketing

Hier geht es im wahrsten Sinne des Wortes um die Sensation, um den Knüller. Je mehr Aufsehen eine reale Kampagne erregt, desto schneller überwindet sie auch die Grenze zu den virtuellen Kanälen. Es zählt der Wow-Effekt.

Best Practice-Beispiel:

Mc Donald’s beging im Jahr 2019 den Weltfrauentag, indem es sein berühmtes gelbes M einfach umdrehte. So wurde daraus ein W für Women. Und zwar nicht nur in über hundert US-Filialen, sondern auch in einer umfassenden Branding-Kampagne mit Kleidung, Verpackung, Werbeartikeln und vielen Ms mehr.

  • Virales Marketing

Oberstes Ziel ist hier die virale Verbreitung der Kampagne, also eine möglichst hohe digitale Reichweite. Das gelingt am besten, wenn man erfolgreiche Influencer*innen mit ins Boot holt.

Best Practice-Beispiel:

Die Supermarktkette Edeka erreichte mit ihrem Supergeil-Spot alleine auf YouTube mehr als zwölf Millionen Clicks.

Fazit: Bitte keine Effekthascherei!

Guerilla-Marketing muss spektakulär sein, darf auch noch spektakulärer sein, aber am spektakulärsten sollte nicht das einzige Ziel sein. Denn diese Art von Werbung lebt zwar vom Überraschungsangriff auf die Aufmerksamkeit der Verbraucher*innen, der Superlativ allein macht es aber nicht. Schliesslich geht es darum, eine Werbebotschaft im Kopf zu verankern. Guerilla-Marketing darf also nicht als blosser Paukenschlag verhallen. Der Überraschungseffekt soll viel mehr einen Denkanstoss auslösen, indem beispielsweise ein spontanes Lachen im Halse stecken bleibt. Das erwünschte Wow darf also niemals auf billigen Effekten basieren. Denn Guerilla-Marketing ist alles andere als 08/15 und soll nicht als leere Seifenblase zerplatzen. Letzten Endes geht es dabei um nachhaltige Aufmerksamkeit für die Marke.

Sabine Genau

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