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AI-Texte: Kann künstliche Intelligenz das Copywriting übernehmen?

Manche Zeitgenoss:innen können sich ein Leben ohne Alexa nicht mehr vorstellen. Im Supermarkt nutzen Sie den Self-Checkout und können auf Kassierer:innen verzichten. Für andere sind all dies noch Horrorvorstellungen. Und auch manche Copywriter:innen:innen packt der blanke Horror, wenn sie an KI-Texte denken.

Die Self-Checkout-Kassen im Supermarkt beweisen, dass KI durchaus bisher von Menschen besetzte Arbeitsplätze übernehmen können. Was dabei an Zwischenmenschlichem auf der Strecke bleibt, ist ein eigenes Artikel-Thema. Aber wie sieht es im Textbereich aus? Dass KI-Software schreiben kann, beweist das in letzter Zeit exorbitant gehypte Programm ChatGPT. Damit kann es jeder ausprobieren und sehen: KI verfasst Texte aller Art. Schneller als menschliche Schreiber es vermögen. Aber auch gleich gut? Das ist die Frage aller Fragen, die sich Copywriter:innen derzeit stellen. Manche meinen, dass es schon heute KI-generierte Inhalte gibt, die von menschenverfassten Texten nicht mehr zu unterscheiden sind. Andere bestreiten das vehement. Bisher ist es noch Ansichtssache, wozu künstliche Intelligenz auf sprachlicher Ebene tatsächlich fähig ist.

Was ist eigentlich künstliche Intelligenz?

Eine einheitliche Definition des Begriffs wirst du nicht finden, denn es gibt viele verschiedene Anwendungsbereiche, in denen KI unterschiedlich wirkt. Ein Sprachassistent wie Alexa erfüllt ganz andere Aufgaben als beispielsweise eine Self-Checkout-Kasse im Supermarkt. Und auch in der Industrie kommt künstliche Intelligenz etwa im Bereich M2M (Machine to Machine) völlig andersartig zum Einsatz. Immer handelt es sich jedoch um komplexe Algorithmen, die Prozesse steuern. KI-Prozesse unterscheiden sich von anderen computergesteuerten Anwendungen dadurch, dass sie selbstständig dazulernen können. Und genau dieser Punkt ist es, der künstliche Intelligenz ausmacht. Sie ist dazu in der Lage, Bedürfnisse und Anforderungen zu erkennen und sich autonom daran anzupassen.

Das schafft KI, indem riesige Datenmengen analysiert und darin Muster erkannt werden. Die menschliche Sprache wird auf diese Weise algorithmisch verarbeitet und nachgebildet. Allgemein gesprochen versucht künstliche Intelligenz, die menschliche Intelligenz zu imitieren. Das Ziel besteht sozusagen darin, das Verhalten des Menschen zu automatisieren.

Was kann künstliche Intelligenz?

Inwieweit hat KI dieses Ziel schon erreicht? Kann künstliche Intelligenz beispielsweise Texte schreiben, die von menschlichen nicht zu unterscheiden sind? Nun, bisher war man der Meinung, dass zumindest Google die Unterscheidung gelingt. Es gibt jedoch Fälle, die beweisen, dass KI-Texte gut ranken können. Es ist beispielsweise bekannt geworden, dass die renommierte Tech-News-Seite Cnet ihre Artikel teilweise von KI schreiben lässt. Und überraschenderweise ranken diese gut. Dabei muss man bedenken, dass Google als maschinell erkannte Texte abstraft. Das gute Ranking würde also bedeuten, dass die Suchmaschine nicht mehr uneingeschränkt in der Lage ist, solchen Content zu identifizieren.

Vom über alle Massen gehypten ChatGPT soll Google sich laut New York Times sogar richtiggehend bedroht fühlen. Anscheinend befürchtet die führende Suchmaschine durch den KI-basierten Chatbot einbrechende Werbeeinnahmen. Künstliche Intelligenz kann also ganz schön Angst machen. Trotz aller Vorteile und Möglichkeiten ist ein grosser Teil der Gesellschaft denn auch noch ziemlich skeptisch eingestellt. Viele Menschen machen sich angesichts künstlicher Intelligenz Sorgen um ihre Privatsphäre, befürchten negative Auswirkungen auf ihre Arbeitswelt und machen sich beunruhigte Gedanken zum Thema Ethik. Je autonomer die Systeme werden, desto lauter wird in manchen Gesellschaftskreisen die Frage nach der Ethik.

Kann KI gute Texte schreiben?

Diese Frage beschäftigt vor allem die Copywriter:innen-Community. Denn Fakt ist, dass bereits SEO-optimierte Texte mithilfe von künstlicher Intelligenz erstellt werden. In der Regel beschränken sich solche Inhalte auf die pure Information, die emotionale Komponente bleibt aussen vor. Doch das bereits genannte Tool ChatGPT ist beispielsweise auch in der Lage, lyrische Gedichte zu verfassen. Und Experimente haben ergeben, dass Teilnehmer KI-Kunst kaum von menschlichen Werken unterscheiden konnten. Mit KI generierte Bilder sind im World Wide Web bereits vielfach zu finden. Und auch Musik kann die künstliche Intelligenz komponieren. Aber wie steht es mit menschlicher Sprache? Kann KI diese wirklich unverwechselbar imitieren? Dazu gehen die Meinungen auseinander. Auf jeden Fall kann sie kein neues Informationsmaterial generieren oder eigene Ideen einbringen, sondern lediglich vorhandene Daten aufbereiten.

KI als Unterstützung beim Texten

Was künstliche Intelligenz im Textbereich auf jeden Fall kann, ist die Entlastung des Copywriters bzw. der Copywriterin durch die Übernahme wiederkehrender, monotoner Aufgaben. Stell dir vor, du sollst 20 Produktbeschreibungen von relativ ähnlichen Artikeln verfassen. Um Duplicate Content zu vermeiden, muss auch der zwanzigste Text noch individuell formuliert sein. Das hört sich nicht gerade nach Spass bei der Arbeit an. Gehört aber dennoch mitunter zum Alltag des Copywriters. Hier kann dich KI optimal unterstützen und dir solche Tätigkeiten abnehmen. Denn es geht ja nicht um einen innovativen Schreibstil oder um witzige Anekdoten. Auch nicht um komplizierte Erklärungen, die möglichst einfach verständlich rübergebracht werden sollen. Es geht einzig um allein um Informationen zu Merkmalen und Produkteigenschaften. Und genau hier liegt die Stärke von KI. Denn auch die zwanzigste Beschreibung liefert so ein Tool noch im Handumdrehen in einer Formulierung, die sich hinreichend von den 19 vorhergehenden unterscheidet.

Und bei längeren Texten lässt KI sich ebenfalls einsetzen, um ein solides Grundgerüst herzust                ellen oder einen guten Einstieg ins Thema zu finden. Nutze die intelligenten Tools doch als willkommene Hilfestellung, die dir erlauben, dich auf deine kreativen Aufgaben zu konzentrieren. Sie sollen deinen Beruf auf lange Sicht nicht ersetzen, sondern um ein schnelles Hilfsmittel ergänzen, das hervorragend Informationen zu formulierten Texten verarbeiten kann. An Stellen, wo mehr eben einfach nicht verlangt ist. Dadurch erhöhst du auf Dauer deine Produktivität.

Da künstliche Intelligenz ohnehin nicht mehr aus dem Alltag des digitalen Zeitalters wegzudenken ist, sollten Texter:innen sie also nicht verfluchen, sondern ihren Segen erkennen und annehmen. Zwar meinen manche Technologiegläubigen, dass KI eines Tages sogar die menschliche Kreativität imitieren wird. Doch Copywriter:innen mit Wortwitz, individuellem Schreibstil und leidenschaftlichem Sprachgefühl brauchen sich davon wohl nicht bedroht zu fühlen.

KI kann die spezifischen Fähigkeiten von Mensch und Maschine hervorragend miteinander verbinden. Davon profitiert auch das Texthandwerk.

Ein bisschen Terminologie

Einige Fachbegriffe aus dem Bereich der künstlichen Intelligenz sind vielleicht noch nicht allgemein geläufig:

  • Deep Learning
    Dabei handelt es sich um einen Teilbereich des Machine Learning. Das Prinzip beruht darauf, die neuronalen Netze des menschlichen Gehirns nachzuahmen. Und so gigantische Datenmengen in kurzer Zeit analysieren zu können. Das Ziel ist die Erkennung und Anwendung von darin enthaltenen Mustern. Durch Training und selbstständige Lernprozesse werden mit der Zeit eigene Prognosen und Entscheidungen möglich. Im Unterschied zum reinen Machine Learning greift der Mensch dabei nicht mehr ein, sondern stellt lediglich das nötige Informationsmaterial zur Verfügung und überwacht die Prozessdokumentation.
  • Natural Language Processing
    Beim Natural Language Understanding NLU oder beim Natural Language Processing NLP geht es darum, menschliche Sprache zu verstehen. Chatbots oder virtuelle Sprachassistenten nutzen beispielsweise NLP zur Spracherkennung.
  • Natural Language Generation
    Dabei geht KI noch einen automatisierten Schritt weiter. NLG-Softwares sind in der Lage, eigenständig Texte zu generieren. Diese spezielle KI-Form ist ein Teilbereich der Computerlinguistik. Simple Nachrichtentexte zu einfachen Themen wie dem Wetter werden bereits heute regelmässig damit erstellt.

Bei der automatisierten Textgenerierung wird versucht, natürliche Sprache algorithmisch zu verarbeiten. Die linguistische Datenverarbeitung basiert auf dem Prinzip des maschinellen Lernens. Machine Learning Systeme werden mit verschiedenstem Datenmaterial gefüttert. Wörter und Begriffe sowie deren Aufbau, übliche Formulierungen und Redewendungen, die kompletten Inhalte ganzer Websites und natürlich das gesamte grammatikalische Regelwerk stehen für die Analyse zur Verfügung. KI-Prozesse untersuchen Big Data und erkennen Muster, auf deren Grundlage prognostische Statements abgegeben werden können. Moderne Sprachproduktionssysteme überprüfen Texte sogar bereits auf ihre Wirksamkeit. Softwares sollen dazu in der Lage sein, Aussagen über die Assoziationen zu treffen, die Inhalte beim Leser hervorrufen. Daraus folgen Prognosen über das Verhalten der Zielgruppe und die Erstellung punktgenau passender Werbetexte.

Fazit

KI ist weit fortgeschritten und sogar bereits in Teilen des Journalismus etabliert. Für bestimmte wiederkehrende Aufgaben wie Produktbeschreibungen eignen sich automatisierte Textgeneratoren als Ergänzung zur menschlichen Schreibe besonders gut. Wenn es um reine Informationsvermittlung geht, erfüllen KI-Texte schon heute ihren Zweck. Aber eines ist klar: Die künstliche Intelligenz folgt mit ihren Algorithmen immer bestimmten Regeln und wendet diese konsequent an. Und genau darin liegt der Unterschied zu den Copywriter:innen. Ein Mensch besitzt Fantasie und Kreativität, er entscheidet frei, ob er bei den Regeln bleibt oder diese auch mal bricht. Gerade in der Sprache macht das einen individuellen Stil aus. Den braucht man freilich nicht bei Produktbeschreibungen. Geht es um journalistische Artikel mit Qualitätsanspruch, spielen Wortwitz, Empathie und moralische Aspekte aber in den sprachlichen Ausdruck mit hinein.

Die bisher noch unbeantworteten Fragen bleiben: Können KI-Algorithmen eines Tages auch die menschliche Kreativität nachbilden? Wird künstliche Intelligenz in Zukunft lernen, Mitgefühl und Ethik algorithmisch nachzuempfinden? Können sprachliche Besonderheiten wie Ironie oder Sarkasmus von KI in einen Text eingebracht werden? Manche Zeitgenossen halten all das für durchaus möglich, andere wiederum für absolut ausgeschlossen. Die Zeit wird es zeigen.

Sabine Genau

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