Vor weniger als einem Jahr hat mich einer meiner besten Freunde dazu überredet, endlich ein LinkedIn Profil zu erstellen. Ich merkte schnell, dass die Plattform nicht mit Instagram und Co vergleichbar ist. Die Interaktionen sind um ein Vielfaches tiefgehender und meistens auch einfach qualitativer.
Doch wie holst du das Meiste aus dieser Plattform raus? Im Folgenden beantworten 4 ExpertInnen genau diese Frage!
Cristina Roduner | Ich knipse dein LinkedIn-Licht an! | roduner communications
Gerade kürzlich flimmerte wieder so ein ähnlich lautender Beitrag auf LinkedIn durch meinen NewsFeed. Er klingt wie alle, die in die gleiche Richtung stossen: Mit wenig Aufwand viel rausholen. Sie zeigen, was sich tatsächlich viele wünschen: Eine Abkürzung.
Eine Abkürzung, die es einem ermöglicht, möglichst wenig tun zu müssen, um möglichst schnell möglichst viel zu erreichen. Und das ist ungefähr gleich effektiv und sinnvoll wie «Dank Kohl-Diät in 10 Tagen 10 Kilos verlieren» oder «Mit dieser Tinktur wachsen dir wieder Haare auf der Glatze».
Nämlich (fast) leere Versprechen und das Spiel mit der Hoffnung. Oder wie ich es nenne Blabla Marketing.
Erfolgreich sichtbar zu sein auf LinkedIn ist etwas, das (fast) alle wollen. Es wird auch allenthalben von der «traumhaften organischen Reichweite» geschwärmt, die einem LinkedIn schenkt. Und ja, es ist auch tatsächlich so, dass es durchaus viel Reichweite geben kann. Gänzlich ohne den Einsatz von Werbebudget für bezahlte Sichtbarkeit.
Dazu gehören aber mehr als 3 Minuten täglich mit irgendwelchen Zaubermittelchen zu verbringen.
Wichtig ist hier vor allem ein langfristiges Denken, Kontinuität in deiner Präsenz, eine Prise Leidenschaft und nicht zuletzt auch eine Strategie. Letztere befasst sich mit deinem Auftritt, stellt Gedanken dazu an, welche Personenkreise du ansprechen möchtest und warum. Nicht zuletzt hältst du dort auch fest, welche Inhalte du in welcher Frequenz online stellst und wie du Tiefe in den Austausch mit deinem Netzwerk bringst.
LinkedIn sagt von sich selbst, es sein ein Businessnetzwerk, das Menschen mit Menschen verbinden solle. Es geht also nicht nur darum, sich einen professionellen Brand aufzubauen, sondern auch darum, als Persönlichkeit zu überzeugen.
Ich versuche, eine wirkungsvolle Strategie auf fünf elementare Punkte herunterzubrechen:
1. Dein Profil
Es kann für dich arbeiten, auch wenn du gerade nicht online bist. Gestalte es von Kopf bis Fuss – also vom Titelbild bis zu den Empfehlungen – so, dass sich ein thematischer roter Faden durchzieht. So bekommen Besucher:innen einen guten Eindruck von dir und deinem professional Brand.
Tipp: Fülle dein Profils vollständig aus. Das hilft LinkedIn, dich zu verstehen und dich bei der Suche besser auszuspielen. Auch Google freut sich darüber, denn es spielt mit Vorliebe bei der Suche nach Personen ein allenfalls vorhandenes LinkedIn-Profil aus.
2. Dein Netzwerk
Getraue dich, eine strenge Schere im Kopf zu haben. Nimm nicht jede Vernetzungsanfrage an und schicke auch nicht wahllos welche raus. Überlege gut, wer zum Kern deiner Ansprechgruppen gehört. Identifiziere auch Personen, die dir eine Brücke zur Kernzielgruppe bauen können. Nicht zuletzt: Vernetze dich mit PR- und Medienschaffenden, mit Opinion Leader und auf jeden Fall auch mit Kolleginnen und Kollegen aus deiner Branche. Das dient dem fachlichen Austausch.
Tipp: Achte darauf, dass dein Netzwerk aus möglichst aktiven Personen besteht. Wer nur alle paar Wochen mal einloggt, interagiert auch nur selten.
3. Dein Content
Ja, ich weiss, regelmässig Content einstellen, ist eine Herausforderung. Wir alle haben volle Tage und die 24 Stunden reichen oft nicht für alles, was reinpassen sollte. Setze dich deshalb hin, mache MindMaps zu deinen Kernthemen, definiere periphere Themen und solche, die mit dir als Person zu tun haben (personal und professional Branding). So hast du einen guten Rahmen, um daraus wöchentlich ein bis drei Beiträge zu generieren. Hin und wieder auch mal am Wochenende etwas online stellen, kann Wunder wirken. Hole dir Inspiration bei anderen, aus Newslettern, Blogbeiträgen, Fachzeitschriften.
Tipp: Sei auch aktiv beim Content anderer. Betrachte (fast) jeden deiner Kommentare als eigenes kleines Content-Stück. Du kannst dir mit dem regelmässigen Kommentieren bei anderen eine hohen Sichtbarkeit erarbeiten – oft in neuen Personenkreisen.
4. Deine Interaktion
Sie ist das Salz in der Suppe. Pflege dein Netzwerk. Schenke den Menschen, die dich in dieser digitalen Welt umgeben, Zeit und Aufmerksamkeit. Versuche, nicht nur Reichweite anzupeilen, sondern fördere und fordere den Dialog. Tiefe ist mindestens so wichtig, wie (Reich)weite. Empfehle andere weiter. Markiere eine Person, wenn du denkst, er oder sie kann zu einem Beitrag einen relevanten Kommentar abgeben oder eine neue Sichtweise beisteuern. Vernetze Leute miteinander (via Kommentar oder DM oder in Gruppen oder …).
Tipp: Werde Mitglied in passenden LinkedIn-Gruppen. Die Reichweite ist dort zwar nicht hoch, dafür triffst du auf Personen, die sich wirklich für deine Kernthemen interessieren.
5. Deine Zeit
Das knappste all unserer Güter, nicht wahr? Wenn LinkedIn für dich ein Fokuskanal in deinem Marketing ist, dann schenke dieser Plattform regelmässig Zeit. Plane lieber täglich kleine Zeitfenster ein, beispielsweise morgens und mittags eine Viertelstunde, anstelle einmal pro Woche oder einige Male pro Monat viel auf einmal zu machen. Regelmässigkeit hilft deiner Sichtbarkeit.
Tipp: Teile deine Tage oder die Viertelstunden-Zeitfenster thematisch auf. Mal fokussierst du dich aufs Vernetzen, mal auf das Kommentieren bei anderen, mal auf die Kontaktpflege, mal auf die Überarbeitung deines Profils.
Fazit:
Eine wirkungsvolle Präsenz auf LinkedIn bedeutet vor allem Zeit einräumen für diesen Kanal. Spiele nicht nur nach deinen eigenen Regeln, sondern passe dich ein Stück weit der Funktionsweise des Kanals an und mache ihn dir zu Nutze. Denke nicht in Tagen oder Wochen, sondern lieber in Monaten. Es ist wie beim Abnehmen: Von Woche zu Woche mag die Abnahme gering sein. Übers Jahr gesehen kommt dann aber doch eine beeindruckende Zahl zusammen. So ist es auch auf LinkedIn: Die kontinuierliche und langfristige Arbeit mit und auf LinkedIn zeigt sich oft erst aus der Vogelperspektive und über einen längeren Zeitraum.
Pascal Ott | Spieltriebförderer & Netzwerkaktivierer #spielendweiterkommen
Aus meiner Erfahrung möchte ich 3 ½ Tipps auf den Weg geben:
Beziehungen aufbauen und pflegen
Sich ein wertvolles Netzwerk aufzubauen ist «Arbeit», aber es lohnt sich sehr, denn wer es schafft aus online – Bekanntschaften offline – Beziehungen zu machen, der kann sich über wertvolle Kontakte freuen. Zuerst in die Netzwerkpflege zu investieren, um dann bei Bedarf «profitieren» zu können, ist aus meiner Sicht der Schlüssel zum Erfolg. Regelmässig erlebe ich Menschen, die sich nur dann bei ihrem Netzwerk melden, wenn sie selber etwas benötigen, und dann enttäuscht sind, dass sie das Gewünschte nicht erhalten, mit der Ergänzung «Social Media funktioniert bei ihnen nicht».
Strategisches Community Management
Nur wenn bekannt ist, wofür man selbst und die eigene Firma steht und darauf achtet, was das eigene Netzwerk interessiert, wird sich ein langfristiger Erfolg auf LinkedIn auszeichnen. Sich beim eigenen Content auf einige wenige Fokus-Themen mit einigen Unterthemen festzulegen, seine Beiträge darauf auszurichten und diese Fokus-Themen in regelmässigen Abständen zu «reviewen» halte ich persönlich für sehr erstrebenswert. Dazu gilt für mich auch, die Power von Hashtags zu nutzen. Bei all meinen Beiträgen versuche ich Hashtags nach folgendem Muster einzubauen
- 1 x persönlich, bei mir #spielendweiterkommen
- 2 x populäre Hashtags
- 2 x Nische (Beitragsbezogen)
Strategische Relevante Reichweite
Reichweite ist nicht alles, nur wer es schafft strategisch relevante Reichweite zu erzielen, wird daraus Kundenbeziehungen schaffen. Strategisch relevant bedeutet dabei aus meiner Sicht, im Zielmarkt und mit business-relevanten Inhalten. Der Zielmarkt ist für mich der deutschsprachige Raum (D-A-CH – Region) mit Fokus Deutschschweiz. Es muss eine sehr spannende Person hinter der Kontaktanfrage stecken, damit ich diese auch von ausserhalb meines Zielmarktes annehme. Ausserdem prüfe ich auch innerhalb des Zielmarktes alle eingehenden Kontaktanfragen auf Komptabilität zu meinem Netzwerk und zu meinen Themen. Selber aktiv erweitere ich meine Netzwerk nur mit Menschen mit denen ich interagiert habe oder durch ihren Besuch auf meinem Profil Interesse an meinen Themen gezeigt haben.
«Erfolg» und Reichweite ist nur bedingt planbar
Mit regelmässigen Beiträgen ist kontinuierliche und bessere Sichtbarkeit zu erreichen. Perfektion ist dabei kein Massstab für den Erfolg eines Beitrages, aber Authentizität und Echtheit zahlen sich langfristig aus. Und das ist es definitiv wert.
Chris Beyeler | Content Marketing, digitaler Befähiger & App/Tool-Nerd
Ganz wichtig: AUFHÖREN nur den Regeln der Plattform zu folgen.
Links nicht als Kommentare posten, sondern als Links. Wenn der Content schlecht ist, dann interessiert sich deine Community nicht dafür. Da brauchst du nicht viel Likes und Reichweite, das Ziel eines Links ist Klicks auf die Website und nicht Likes auf ein Bild…
Also sei authentisch, bring Inhalt hinter dem du stehen kannst und der den Leuten etwas bringt. Orientier› dich dabei an deinem Netzwerk und mach richtiges Marketing.
PS: Für richtiges Marketing nicht nur auf LinkedIn setzen.
Antonella Di Iorio | Marketing Coach für KMU & Start-ups, Geschäftsführerin bei Marketingcoach
Wie definiert sich „Erfolg“ auf LinkedIn?
Meiner Meinung nach, nicht über die Anzahl der Kontakte oder tägliche Beitragspublikationen. Erfolgreich auf LinkedIn zu sein, bedeutet für mich einen starken „Personal Brand“ und das dazu passende Netzwerk zu haben, mit welchem bereichernde Interaktion stattfindet, die zu Sichtbarkeit über das eigene Netzwerk hinaus führt.
Wie kommt es dazu?
Langfristiger Erfolg auf dieser Plattform baut auf einer klaren Positionierung, einem authentischen Auftreten, Kontinuität in der Interaktion und der Publikation eigener Beiträge sowie dem Willen „echte“ (wenn auch virtuelle) Beziehungen einzugehen, auf.
Nun der Reihe nach, ein paar Tipps von mir:
Profilerstellung
Nimm dir Zeit für das Aufsetzen deines Profils. Fülle es gründlich aus, damit Personen, die auf dein Profil stossen, gleich wissen, wer du bist. Die Voraussetzung für ein gutes Profil ist Klarheit über die eigene Positionierung. Dein Profil ist viel mehr als dein CV. Klar gehören Ausbildung, Erfahrung & Co. da rein, aber auch wichtige persönliche Fakten dürfen erwähnt werden, sofern du das möchtest. Ist deine grosse Leidenschaft beispielsweise das Fotografieren oder bist du – so wie ich – stolz Mutter zu sein, darf das ebenfalls in deinem Infotext erwähnt werden. Das macht dich doch aus!
Qualität der Kontakte
Beim Netzwerk geht Qualität vor Quantität. Ich empfehle mit Bekannten zu starten, aber nach und nach den Kreis strategisch zu erweitern. Kontakte gezielt auszuwählen, ist äusserst wichtig. Viele Kontakte zu haben, die ganz anders „ticken“ als wir und mit denen keine Interaktion entstehen kann, ist nicht förderlich für die Reichweite. Es geht immer um Menschen und Beziehungen, nicht um Zahlen. Beziehungen entstehen mit der Zeit und bauen auf Begegnungen, Interesse und Vertrauen auf. Der Austausch unter 4-Augen – in den Privatnachrichten – gehört für mich beispielsweise ganz klar dazu.
Bereichernde Interaktionen
Interaktionen schenken dem Beitragsersteller, aber auch dem Interagierenden Sichtbarkeit. Mit wertvollen Kommentaren stärkst du Beziehungen, wirst von Gleichgesinnten „entdeckt“ und kannst spannende Kontakte dazu gewinnen. Regelmässiges Kommentieren kann ein wahrer Booster für deine Sichtbarkeit sein. Übrigens, es muss auch nicht immer alles rein geschäftlich und ernsthaft sein. Im Gegenteil, auch Humor (richtig platziert) funktioniert auf LinkedIn gut.
Spannende Inhalte publizieren
Nimm dir Zeit Inhalte zu kreieren und publizieren, die relevant für deine Community sind. Hier geht es nicht darum, für dein Angebot zu werben, sondern mit Inhalten zu inspirieren, bilden, informieren, unterhalten UND – ganz wichtig – Interaktion zu generieren. Es geht darum Themen zu setzen und eine Diskussion zu starten. Entscheidend ist für mich dabei, dass die Diskussion bereichernd ist und „auf Augenhöhe“ stattfindet. Bei der Beitragserstellung ist Kontinuität sehr wichtig: Dranbleiben lohnt sich und wird langfristig belohnt.
Und last but not least, trotz „Business Mindset“ und beruflichem Umfeld: Auch auf LinkedIn punkten wie im wahren Leben Authentizität und Ehrlichkeit. Verstelle dich nicht, sei einfach du!
Mein persönliches Fazit
Wie fast überall im Leben kommt der Erfolg auch auf LinkedIn nicht über Nacht. Wenn du dir aber regelmässig Zeit nimmst, spannenden Content erstellst, interagierst und ein Netzwerk aus Gleichgesinnten aufbaust steht deinem Erfolg nichts im Weg.
Vielleicht ist dir aufgefallen, dass keiner der ExpertInnen automatisierte Anfragen, Pitches und Begrüssungen erwähnt hat. Ich bin darüber sehr froh, weil es mir meist eher unangenehm ist und ich es einfach als nicht mehr zeitgemäss erachte, unpersönliche Massennachrichten zu erhalten.
Was sind deine Erfahrungen mit LinkedIn?