Weisst du noch, im Januar, als jeder zweite Post auf LinkedIn über Clubhouse war? Als jede Unternehmerin, jeder Journalist und gar Politiker*innen darauf aufmerksam machten, dass sie einen Talk führen werden? Und als jedes Clubhouse-Mitglied auf Social Media bekannt gegeben hat, dass er/sie noch eine Einladung zu vergeben hat? Und nun, ein halbes Jahr später, spricht niemand mehr über die App. Was ist passiert? Ist Clubhouse tot?
Eine Social-Media-App – nein, eine Social-Audio-App – eroberte anfangs Jahr den Appstore und die Herzen der Unternehmer*innen, Marketer*innen, Technik-Affinen und Podcast-Junkies. Denn Clubhouse brachte etwas neues auf den Markt der text-, bild- und videobasierten Social-Media-Channels. Clubhouse dreht sich um Audio.
Doch nicht nur die Art und Weise der Kommunikation der App sorgte für Interesse, sondern vor allem die Exklusivität davon. Denn nur eingeladene Nutzer*innen können Clubhouse beitreten und bis im Mai 2021 war die App nur für iOS verfügbar. Es war ein wahrer Hype und den Rummel um Clubhouse zu Beginn des Jahres konnte man nicht verpassen. Doch nun ist es still geworden um die Audio-App.
Ausdrucksstarke Zahlen
Die Download-Zahlen sprechen auf den ersten Blick schon für sich. Während die App im Februar dieses Jahres noch über 9 Millionen mal heruntergeladen wurde, so waren es im April nur noch 900 Tausend Downloads.
Gemäss Statista sind die Downloads im Mai 2021 wieder angestiegen, was vor allem darauf zurückgeführt werden kann, dass die App seit diesem Monat auch auf Android verfügbar ist. Trotzdem bleibt der ursprüngliche Erfolg scheinbar aus, gerade in Europa. Denn während die App zu Beginn des Jahres am allermeisten von Nutzer*innen aus Europa, dem nahen Osten und Afrika stammten, so sind diese Personen in den Download-Zahlen vom Mai verhältnismässig weniger vertreten.
Europa vs. Vereinigte Staaten
Es muss angemerkt werden, dass Clubhouse primär in Deutschland, Österreich und allgemein Europa an Popularität eingebüsst hat. Zwar sind die Downloads weltweit gesunken, jedoch wird die App in den USA wohl noch reger genutzt, als dies bei uns der Fall ist. Geht es nach dem Economist, einer Wochenzeitung, so wird Clubhouse seine Nische finden und nebst den Social-Media-Giganten co-existieren.
In Deutschland hingegen sieht der Trend etwas anders aus: «Nur» 4 Prozent der Bevölkerung nutzen die App und in mehreren Umfragen haben 70 – 95 Prozent der Befragten angegeben, sie hätten noch nicht einmal von Clubhouse gehört.
Kritiken an der Applikation
Dass Clubhouse nicht unantastbar ist, hat sich auch in seinen Erfolgszeiten gezeigt. So hatte die App ihre Probleme mit Hate-Speech oder respektlosen Aussagen, die in den Rooms getroffen wurden – vorerst ohne grosse Konsequenzen für die tätigen User*innen.
Auch mit dem Datenschutz waren so einige Nutzer*innen nicht einverstanden, da die App auf alle Kontakte auf dem Smartphone Zugriff wollte und die geführten Gespräche in den Rooms zwischenzeitlich abspeicherte. Mittlerweile seien diese Probleme behoben und die Datenschutzbestimmung angepasst. Doch es mag den einen oder die andere bereits vom Download der App abgebracht haben.
Clubhouse bleibt optimistisch
Paul Davison und Rohan Seth, die beiden Gründer von Clubhouse, äusserten sich gegenüber wiwo.de aber weiterhin positiv. Gemäss ihnen sei die App Anfangs sowieso zu schnell gewachsen, die Server seien überlastet gewesen. Mittlerweile seien immer noch täglich 400’000 Rooms aktiv und auch für die Zukunft haben die Gründer noch Pläne.
So soll die App künftig für alle Personen zugänglich sein, auch ohne Einladung von bestehenden User*innen. Was auch kommen könnte, ist eine Zahlungspflicht. Die Gründer wollen keine Werbeplätze verkaufen, generieren daher auch keine Einnahmen über die App. Bereits jetzt können «Trinkgelder» an Redner*innen vergeben werden, diese sind komplett freiwillig. Für die User*innen ist noch nichts in Stein gemeisselt, aber eine Nutzungsgebühr steht wohl in den Sternen von Clubhouse.
Twitter und Facebook auf Verfolgungsjagd
Ob die Öffnung der App für alle Interessierten wieder etwas Aufwärtsschwung in die Anzahl Downloads bringt, steht offen. Schliesslich war es gerade dieser Exklusivitäts-Faktor, der viele Personen zu Clubhouse gebracht hat. Die anderen Social-Media-Plattformen schlafen aber nicht und sind bereits daran, ihre eigene Version der Audio-Unterhaltungen zu veröffentlichen.
So setzt Twitter die Twitter Spaces auf, welche im Prinzip sehr ähnlich sind wie Clubhouse. Twitter User*innen können einen Space eröffnen und dort mit anderen User*innen sprechen. Die Spaces sind, wie normale Tweets auch, öffentlich und jeder kann teilnehmen. Derzeit sind Spaces aber noch in der Testphase. Auch Facebook und LinkedIn haben die Idee aufgeschnappt und arbeiten angeblich an ihrer eigenen Version von Clubhouse. Zu guter Letzt ist auch Discord auf den Audio-Trend aufgesprungen und lässt bereits solche «Live-Podcasts» zu.
Clubhouse muss innovativ(er) werden
All diese Social-Media-Plattformen haben einen entscheidenden Vorteil gegenüber Clubhouse: ihre bereits vorhandenen Nutzer*innen. Twitter muss sich nicht erst eine Fanbase aufbauen, sondern hat schon Millionen von User*innen, die das neue Feature nutzen können und wollen. Clubhouse muss sich also etwas überlegen. Denn nun sind sie nicht mehr der einzige Anbieter dieses Features und auch die Exklusivität wird nicht mehr vorhanden sein, wenn die App für alle zugänglich ist.
Für Clubhouse heisst das also wohl, dass sie (zumindest in Europa) ein weiteres Ass aus dem Ärmel schütteln müssen, um die Nutzer*innen zurück in die Clubhouse-Rooms zu holen und der Konkurrenz zu trotzen.