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Corona-Pandemie: So geht es Schweizer Agenturen seit dem Aufkommen des Virus

Source: businessinsider.com

Während der E-Commerce boomt werden andere Unternehmen geradezu dem Erdboden gleichgemacht. Ja, die anhaltende Pandemie ist an kaum einer Unternehmung ohne Zeichen vorbeigezogen und hat uns auch jetzt, bald ein Jahr später, noch immer fest im Griff. Marketing.ch wollte daher von Agenturen direkt hören: Wie haben sich die letzten Monate auf ihr Geschäft ausgewirkt?

Wer den Umstieg auf Online First noch nicht geschafft hat, wurde letztes Jahr quasi dazu gezwungen. Das merkten Unternehmen und Agenturen wohl gleichermassen, als die Strategie plötzlich angepasst werden musste, um Social Media und Online Shops noch mehr zu pushen, während jedes Meeting zur Besprechung solcher Änderungen auf dem Laptop stattgefunden hat.

Sechs Marketing Agenturen haben uns zu ihrem Jahr 2020 ein Statement abgegeben, welche zusammen ein relativ einheitliches Bild der Geschäftslage zeichnen – geprägt von Umstrukturierungen und Unklarheiten, aber auch Erfolgserlebnissen.

Jung von Matt IMPACT | Dominik Habermacher, Managing Partner

Beim ersten Lockdown im Frühling 2020 war die Verunsicherung bei unseren Kunden gross. Viele Kampagnen und Projekte wurden gestoppt. Es war für alle Beteiligten unklar, was die kommenden Monate bringen würden. Als dieser erste Schock vorüber war, gab es etliche Kunden, die nun erst recht digital Gas geben wollten und gemeinsam mit uns erfolgreiche Kampagnen realisiert haben. Entsprechend hat sich unsere Auftragslage im Verlauf des Jahres immer mehr erholt und wir konnten unser Geschäftsjahr erfolgreich abschliessen.

Dept | Lukas Stuber, Managing Director

Wir hatten nicht zu kämpfen, aber wir waren gefordert, weil Corona und die Distanzregeln die Zusammenarbeit mit unseren Kunden geprägt und teils verändert hat. Mit Blick auf die Aufträge gab es durchaus Kunden, die digitale Kampagnen stoppten oder verschoben. Insbesondere jedoch die E-Commerce-Kunden – eines unserer stärksten Standbeine – erlebten in diesen Zeiten eine erhöhte Nachfrage und die Budgets im Performance Marketing stiegen stark an. Ausserdem haben viele Kunden strategische Projekte neu priorisiert und deren Umsetzung beschleunigt, was ihnen – und damit auch uns – zu Gute kam.

Corona hat der Digitalisierung einen massiven Schub verliehen. Allerdings bleibt abzuwarten, ob sich in Zukunft tatsächlich ein konsequenterer Umgang mit Digitalisierungsfragen etablieren wird. Wie in der ganzen Gesellschaft beobachten wir da und dort eine gewisse Ermüdung, verbunden mit der Sehnsucht nach Normalisierung, sprich der Rückkehr zum vorherigen Status Quo. Wir unterstützen unsere Kunden, wie schon vor der Krise, mit Kreativität, Technologie und Daten das Beste aus ihrem Geschäft herauszuholen.

Corona hat der Digitalisierung einen massiven Schub verliehen. Allerdings bleibt abzuwarten, ob sich in Zukunft tatsächlich ein konsequenterer Umgang mit Digitalisierungsfragen etablieren wird.

Lukas Stuber, Dept

Hutter Consult AG | Thomas Hutter, CEO

Für Hutter Consult AG war 2020 ein herausforderndes Jahr. Viele Kunden waren mit neuen Herausforderungen wie dezentrales Arbeiten, Video-Conferencing, neue Abläufe, Umverteilung von Budgets, etc. konfrontiert und mussten sich teilweise zuerst neu organisieren, bzw. Abläufe neu gestalten und Pläne revidieren. Mit diesen Herausforderungen hatten wir selber nur wenig zu kämpfen, hatten wir bereits vor der Corona-Pandemie sehr gut funktionierende Workflows, Mitarbeiter die mit Home Office und dezentralen Arbeitsmöglichkeiten bereits vertraut sind und effiziente Tools im Einsatz. Entsprechend konnten wir den einen oder anderen Kunden in diesem Bereich auch ausserhalb unseres primären Fokusbereichs unterstützen.

Bei einigen Branchen (Tourismus / Freizeitparks) gab es teilweise massive Einbrüche und entsprechend Umverteilungen in der Werbung und in der Kommunikation. Einige Budgets wurden gestrichen, andere umverteilt. Glücklicherweise waren viele Umverteilungen eher zugunsten der digitalen Kanäle, so dass wir keine massive Einbussen hinnehmen mussten. Viele Unternehmen, welche vor der Corona Pandemie das Online Business (zu) wenig fokussierten oder nicht professionell oder betriebswirtschaftlich relevant betrachteten, haben Defizite erkannt und entsprechend gehandelt. Gerade als Dienstleister mit betriebswirtschaftlicher Ausrichtung von digitalem Marketing konnten wir in dieser Phase gegenüber den eher kreativ denkenden Agenturen massiv punkten.

Weggebrochene Umsätze konnten mit neuen Kunden wettmachen und unseren Umsatz steigern, gleichzeitig das Team weiter ausbauen und zusätzliche Geschäftsfelder erschliessen. Wir gehen gestärkt aus der Krise und sehen 2021 optimistisch.

Viele Unternehmen, welche vor der Corona Pandemie das Online Business (zu) wenig fokussierten (…) haben Defizite erkannt und entsprechend gehandelt.

Thomas Hutter, Hutter Consult AG

adforce | Ugur Kalman, Gründer & CEO

Kurz nach dem Lockdown kommuniziert wurde blieb die Zeit gefühlt für 48 Stunden stehen.

Wir wussten nicht was genau auf uns zukommt und die ersten Kundenanrufe und Mails liessen nicht lange auf sich warten. In der ersten Woche spürte man bei vielen Unternehmen, eine grosse Unsicherheit und Angst. Speziell unsere Kunden aus der Industrie sistierten alle Kampagnen und geplante Projekte wurden erstmal “on hold” gestellt. Wir haben die Situation relativ schnell analysiert und sind zum Entschluss gekommen, dass es 3 Arten von Reaktionen zu dieser Situation gab.

  1. Stockstarre (Diese Unternehmen waren handlungsunfähig und verliessen sich auf Ihr Schicksal)
  2. Überleben (Diese Unternehmen verfolgten Notfallpläne und hofften, dass sich die Lage schnell wieder normalisiert)
  3. Chancen nutzen (Diese Unternehmen ergriffen sofort Initiative und reagierten auf die Umstände, indem Sie Ihr Marketing, Angebot und Produkte sowie Dienstleistungen auf die aktuelle Situation anpassten, damit Sie stärker aus der Pandemie rauskommen)

So entschieden wir, die Pandemie als grosse Chance zu sehen und reagierten unmittelbar auf die Gegebenheiten und gingen optimistisch für unsere Kunden die Extrameile.

Glücklicherweise gab es innerhalb unserer Kunden auch Branchen die extrem von der Pandemie profitiert haben. Ebenfalls konnte Budget von abgesagten Messen und Veranstaltungen zum Lancieren und Skalieren von digitalen Kampagnen verwendet werden. Viele Projekte erreichten täglich neue Bestzahlen und wir staunten des Öfteren selbst über die Performance und den Erfolg einiger Kampagnen.

Abgesehen von den Zahlen war es uns sehr wichtig, den Kunden zu zeigen, dass wir nicht einfach eine Agentur sind, sondern ein Teil des Teams und gerade in schwierigen Zeiten alles geben und für Sie da sind, als wäre es unser eigenes Unternehmen. In den letzten 3 Monaten war dann nichts mehr von der Pandemie zu spüren. Wir erhielten täglich Anfragen von Neu- und Bestandskunden, welche die Wichtigkeit von digitalen Marketing Massnahmen erkannt haben und diese richtig ausschöpfen wollen. Die Budgets für Performance Marketing wurden in dieser Zeit um 70% erhöht und das Projektvolumen für das Jahr 2021 massiv gesteigert.

Wir sind sehr dankbar und glücklich über diese Entwicklung. Abschliessend kann man sagen, dass Empathie, Agilität, Offenheit und die richtige Arbeitseinstellung uns dabei geholfen haben, zu wachsen und die Beziehung zu unseren Kunden zu stärken.

Die Budgets für Performance Marketing wurden in dieser Zeit um 70% erhöht…

Ugur Kalman, adforce

Adisfaction | Martin Caduff, COO & Partner

2020 war ein sehr dynamisches Jahr. Niemand fiel in Schockstarre, alle Unternehmen ergriffen rasch Massnahmen, um sich auf die neuen Bedingungen der Pandemie einzustellen. Dies bescherte uns ein paar Tiefs, aber auch viele Höhepunkte. Gerade wir als Digitale Marketing Agentur konnten unseren Kunden Lösungen und neue Perspektiven für ihre Probleme aufzeigen.

Kunden ohne digitale Absatzmöglichkeiten hat Corona besonders hart getroffen. Durch die schnelle und agile Budgetallokation haben wir ihnen geholfen Kosten zu sparen. Wir haben aber auch hier Beispiele gesehen, wo innert kürzester Zeit ein neuer Onlineabsatzkanal auf die Beine gestellt wurde, welcher direkt sehr erfolgreich funktioniert. Dies zeigt, dass Mut zur Kreativität und Agilität im digitalen Umfeld schnell belohnt wird.

Kunden mit sowohl stationärem als auch digitalem Vertrieb haben wir beim Shift in die Online-Richtung unterstützt. Sie haben die grossen Vorzüge der digitalen Kanäle im Verlauf des Jahres zu schätzen gelernt. Unsere Prognose: Diese Kunden werden ihren Fokus auf die digitalen Kanäle auch nach Ende der Pandemie beibehalten.

Der dritten Gruppe der Pure Player konnten wir durch rasche und starke Skalierung der Massnahmen zu vielen neuen Kunden verhelfen.

Starke Ausfälle auf der einen, Vervielfachung der Budgets auf der anderen Seite: Insgesamt hielten sich die finanziellen Auswirkungen für uns als Agentur in der Waage. Dennoch bewerten wir 2020 ganz klar als Jahr, das die Weichenstellung in Richtung der digitalen Kanäle beschleunigt und somit die Gesamtentwicklung zu unseren Gunsten verändert hat.

Wir gehen davon aus, dass insbesondere die Kunden, welche bislang Offline- und Onlinevertrieb parallel gefahren haben, die Onlineschiene künftig priorisieren und die Investitionen noch stärker und klarer erhöhen werden.

Starke Ausfälle auf der einen, Vervielfachung der Budgets auf der anderen Seite: Insgesamt hielten sich die finanziellen Auswirkungen für uns als Agentur in der Waage.

Martin Caduff, Adisfaction

YEP | Sandro Haag, Managing Partner

Corona kam für uns alle aus dem Nichts und ich muss zugeben, zu Beginn konnten wir noch nicht wirklich abschätzen, wie sich die ganze Situation auf uns als Online Marketing Agentur auswirken wird. Gerade als junges Start-up in einer umkämpften Branche kann so eine Pandemie zunächst für die eine oder andere Verunsicherung sorgen.

In den vergangenen Monaten wurden wir oft gefragt, wie es uns als Agentur während dieser schweren Zeit geht und ob denn nicht alle Firmen in dieser Zeit ihre Online Marketing Budgets heruntergefahren haben. Interessanterweise nicht – genau das Gegenteil ist bei uns der Fall: Kein einziger unserer Kunden hat aufgrund der Corona-Pandemie oder deren Auswirkungen die Budgets gesenkt. Die Unternehmen, die wir betreuen, haben im Jahr 2020 im Schnitt sogar rund 40 Prozent mehr Werbebudget in die digitalen Kanäle investiert und konnten damit sehr gute Ergebnisse erzielen.  

Für uns war das vergangene Jahr ein unglaublich wichtiges Jahr, denn im Jahr 2020 haben viele grosse und kleine Unternehmen gemerkt, dass es ohne eine digitale Strategie nicht mehr geht.

In Zeiten, in denen sich das Leben vermehrt in den eigenen vier Wänden abspielt und die Leute mehr Zeit im Internet verbringen, muss man einfach digital Präsent sein, oder man geht unter. Dies haben nicht nur unsere Kunden im Bereich E-Commerce gemerkt, sondern auch Kunden im B2B-Bereich.

Aufgrund der genannten Veränderungen konnten wir nicht nur unsere bereits bestehenden Kundenbeziehungen ausbauen, sondern wurden auch laufend für neue Projekte angefragt und engagiert. Durch dieses Wachstum konnte YEP auch personell um 50 Prozent wachsen und schliesst das Jahr 2020 mit einer äusserst positiven Bilanz ab. Wir können heute durchaus sagen, dass Corona für uns ein zusätzlicher Wachstumstreiber war und aktuell noch immer ist.

Fazit

Was ganz klar aus den Erläuterungen der Agenturen hervorsticht, ist die Wichtigkeit einer digitalen Strategie und einer Online Präsenz. Unternehmen, welche sich online bereits vor der Corona-Krise eingefunden haben und ihre Kunden dort erreichen, konnten stark davon profitieren, dass die Bevölkerung zu Hause viel Zeit im Internet verbrachte.

Wir gehen davon aus, dass die Kunden, welche bislang Offline- und Onlinevertrieb parallel gefahren haben, die Onlineschiene künftig priorisieren…

Martin Caduff, Adisfaction

Ein weiterer interessanter Punkt ist die Anpassungsfähigkeit und Zukunftsperspektive der Agenturen. Jede Agentur hat mit ihren Kunden die passenden Lösungswege gesucht und auf die Situation abgestimmt gehandelt – und das innert kürzester Zeit. Es werden Learnings aus den turbulenten Monaten gezogen und man schaut gestärkt in die Zukunft, anstatt sich von einigen Stolpersteinen unterkriegen zu lassen.

Schlussendlich lässt sich sagen, dass die Digitalisierung wohl bei allen Agenturen und deren Kunden, sofern möglich, angekommen ist. Vor allem, da wir uns noch nicht am Ende des Tunnels befinden, ist es zentral, jetzt nicht nachzulassen, sondern auf den Grundbausteinen, die man sich online nun gesetzt hat, aufzubauen und sich weiter zu etablieren.

Nicole Langhart

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