Wenn du drüber nachdenkst, hast du sicher schon mal etwas auf Empfehlung gekauft. Wir alle haben das. Und schon sind wir mitten im ersten Beispiel für Social Proof. Online achten wir auf die Bewertungen anderer User:innen oder auf Empfehlungen von geschätzten Prominenten. Offline heisst das Mundpropaganda.
Social Proof nutzt also den natürlichen Herdentrieb des Menschen. Der ist noch ziemlich tief in uns verankert, wie Psycholog:innen wissen. Was andere gekauft haben, wollen wir auch haben. Und wenn es ganz viele kaufen, das Produkt sogar nur noch begrenzt verfügbar ist, wächst das Kaufbedürfnis bei vielen User:innen noch weiter. Mit der Befürchtung, kein Exemplar mehr abzukriegen, arbeiten viele Werber:innen erfolgreich. Und sprechen damit das Bedürfnis an, dazugehören zu wollen.
Stell dir vor, du möchtest ein Konzert besuchen, schwankst noch zwischen zwei Events. Bei deiner Internetrecherche stellst du fest, dass eines von beiden schon fast ausverkauft ist, das andere aber nur wenig Interesse weckt. Für welches Konzert wirst du dich wohl entscheiden? Das Prinzip ‚Was viele wollen, muss auch gut sein‘ sitzt tief in unserem Unterbewusstsein fest.
Was versteht man unter Social Proof?
Menschen orientieren sich an ihresgleichen. Sie tun, was andere in ihrem Umfeld auch schon getan haben. Und folgen dem Herdentrieb. Diese Tatsache kannst du mit deinen Social Proof Massnahmen nutzen. Durch entsprechende Bewertungen, Expert:innentipps, Kommentare und Artikel mobilisierst du deine Zielgruppe, weil die Community sich einheitlich verhält.
Robert Cialdini, ein amerikanischer Psychologe und Marketingprofessor, hat den Begriff Social Proof geprägt und bereits im Jahr 1984 in seinem Weltbestseller ‚Die Psychologie des Überzeugens‘ definiert. Als Beispiel führt er an, dass Menschen sich bevorzugt in lange Schlangen einreihen würden, weil sie dort ein vermeintlich gutes Angebot erwarten. Das gleiche Prinzip wie beim gut besuchten Konzert. Als einen der Gründe für den menschlichen Herdentrieb nennt Cialdini das Bedürfnis, dazugehören zu wollen.
Social Proof gab es also bereits vor den sozialen Medien, obwohl das Phänomen dadurch neuen Schwung bekommen hat. Es war schon vorher in unserem alltäglichen Leben verankert. Sehen wir beispielsweise viele Autos vor einem Restaurant auf dem Parkplatz stehen, gehen wir davon aus, dass das Essen gut ist. Möglicherweise ist der volle Parkplatz ein ausschlaggebenderes Kriterium, sich für dieses Restaurant zu entscheiden, als die Speisenauswahl auf der Karte. Denn wenn viele Gäste dort essen, gehen wir automatisch davon aus, dass das Essen auch schmeckt.
Wie nutzt man Social Proof im Marketing?
Die sozialen Medien basieren geradezu auf Social Proof. Ein oft kommentierter und geteilter Post erhält automatisch mehr Aufmerksamkeit als ein von den User:innen weniger beachteter Beitrag, obwohl der vielleicht sogar hochwertiger ist. Beim Thema Social Proof geht es also häufig eher um Quantität als um Qualität.
Diese Tatsache ist durch verschiedene Studien belegt worden. Der brightlocal ‚Consumer Review Survey 2022‘ hat beispielsweise ergeben, dass 88 Prozent der Befragten Online-Bewertungen ein genauso grosses Vertrauen entgegenbringen wie persönlichen Empfehlungen. Der Survey untersucht seit 2010 jährlich, wie Konsument:innen auf Online Reviews reagieren. Hier kannst du also die Entwicklung der Wahrnehmung von Bewertungen und ihre wachsende Bedeutung verfolgen.
Social Proof beinhaltet gerade im Bereich des Online-Marketings sehr effiziente Massnahmen. Die Wirkung ist unter anderem deshalb so gut, weil diese Möglichkeiten von den meisten Unternehmen noch gar nicht voll ausgeschöpft werden. Mit dem optimalen Online-Einsatz von Social Proof kannst du dich also von der Konkurrenz absetzen.
Kurios: Studien haben bewiesen, dass Bewertungen insgesamt glaubwürdiger werden, wenn auch ein paar negative Kommentare vorhanden sind.
Social Proof Anwendungen im Marketing:
- Empfehlungen
Was offline die gute alte Mundpropaganda ist, heisst im Online Marketing eWOM (electronic Word of Mouth). Wie immer bei Social Proof geht es dabei um Vertrauen. Das soziale Wesen Mensch vertraut auf seinesgleichen, was früher Herdentrieb genannt wurde, ist heute als ‚Bandwagon-Effekt‘ bekannt. Diese Phänomene macht sich Social Proof zunutze. Kundenrezensionen von Bekannten, von Influencer:innen oder angesagten Stars sind online der ‚Bandwagon‘.
- Expert:innentipps
Expert:innen geniessen, wie Freunde und Prominente, einen Vertrauensbonus. Diese Sparten vermischen sich jedoch heutzutage, Influencer:innen und bekannte Blogger:innen werden zu vermeintlichen Expert:innen. Eine repräsentative Befragung von mehr als 2000 User:innen kam bereits im Jahr 2018 zu dem Ergebnis, dass 90 Prozent der Teilnehmer:innen den Bewertungen von Influencer:innen vertrauen.
- Siegel
Gütesiegel wie das von TrustedShops oder die Google-Sterne schaffen online Vertrauen. In einer Untersuchung der RWTH Aachen stellte sich beispielsweise heraus, dass bei 50 Prozent der Befragten das Trustbadge einen höheren Einfluss auf die Kaufentscheidung hat als der Preis. Vertrauensbildung ist also wichtiger als Schnäppchenangebote.
- Zähler
Besucher:innenzähler haben einen ähnlichen Effekt wie das gut besuchte Konzert oder der volle Restaurantparkplatz. Und Verkaufszähler wecken Kaufanreize, weil die User:innen das Gefühl bekommen, der Artikel könne bald ausverkauft sein.
- Testimonials
Kundenmeinungen und Case Studies schaffen ebenfalls Vertrauen. So kannst du Social Proof auf deiner Website nutzen.
- Reichweitenzahlen
Mit Zahlen wie Likes, Abonnent:innen oder Follower:innen demonstrierst du den User:innen deine Reichweite. Sie schaffen Vertrauen und regen den Herdentrieb an. Ausserdem vermittelt die Community das Wirgefühl des Dazugehörens.
- Prominente
Ob Influencer:innen, Schauspieler:innen, Sänger:innen oder Models – Prominente als Werbeträger:innen schaffen ebenfalls Vertrauen. Vorausgesetzt, sie passen zur Zielgruppe.
- User Generated Content
Kampagnen mit authentischen Postings, Blogartikeln oder Videos von User:innen sind ebenfalls dazu geeignet, Vertrauen zu schaffen. Das Teilen von User:innenbeiträgen stellt zudem ein Community-Gefühl der Zusammengehörigkeit her.
Fazit: Nutze den Herdentrieb
Mit Social Proof kannst du dir psychologische Effekte wie den Herdentrieb oder den Wunsch nach Zusammengehörigkeit zunutze machen. Damit werden uralte Instinkte angesprochen, die auch im digitalen Zeitalter noch ihre Gültigkeit haben. Der Mensch ist nun mal ein soziales Wesen und orientiert sich an seinesgleichen. Und hat das Bedürfnis, einer Gruppe von Gleichgesinnten anzugehören. Das Gefühl der Zusammengehörigkeit wird durch den Besitz der gleichen Dinge demonstriert. Was alle in der Community gekauft haben, möchte ich auch haben. Und was viele andere User positiv bewerten, erhält einen Vertrauensbonus, der einen höheren Einfluss auf die Kaufentscheidung hat als der Preis. Es geht also nicht darum, billig einzukaufen, sondern konform.