Das letzte Jahr war für viele Unternehmen, um es nett auszudrücken, turbulent. Das Marketing musste auf das neue Normal angepasst werden und je nach Branche stellte sich die Pandemie als Fluch oder Verbannung ins Fegefeuer heraus. Schweizer Unternehmen berichten nun, was die Herausforderungen im Marketing dieses Jahr sein werden.
An kaum einem Unternehmen ist die Pandemie ohne weiteres vorbeigezogen und nun – ungefähr ein Jahr nach dem ersten Lockdown – wird unser Alltag noch immer stark von ihr dominiert. Schweizer Unternehmen geben einen Einblick, was diese Tatsachen im Marketing auslösen.
Graubünden Ferien | Yves Luetolf, Leiter Marketing
Die Pandemie trifft den Tourismus bis ins Mark. Er wird regelrecht durchgeschüttelt. Bisher unbestrittene Spielregeln ändern sich schlagartig. Die Grenzen sind nicht mehr so einfach passierbar wie gewohnt. Laufend angepasste Quarantäne-Bestimmungen verunmöglichen die Ferien in den zahlreichen Reisedestinationen. Davon bleibt die schönste und spannendste Ecke der Schweiz nicht verschont.
Auch das Marketing im Tourismusumfeld steht vor neuen Herausforderungen. Die Entwicklung der Pandemie ist nur schwer zu antizipieren. Gleichzeitig benötigen grössere Kampagnen oft beträchtliche Vorlaufzeiten, bis sie am Markt erscheinen können. Das Motto lautet: Denken und Handeln in Szenarien. Das Arbeiten in Szenarien ist während der Pandemie zum Alltag geworden. Neben einem Plan A und Plan B liegt auch ein Plan C und Plan D jederzeit griffbereit in der virtuellen Schublade.
Gefragt ist zudem ein Maximum an Agilität, um einerseits in einer passenden Tonalität zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort präsent zu sein und andererseits sich kurzfristig bietende Chancen nicht entgehen zu lassen. Denn diese bieten sich zuhauf. Gäste aus bisher nicht bearbeiteten Zielmärkten suchen Alternativen zum Bestehenden. Die veränderten Bedürfnisse durch die Pandemie lassen neue touristische Angebote und Erlebnisse entstehen, welche umgehend bekannt und zugänglich gemacht gehören. Insbesondere ist zu beobachten, dass die Pandemie die Digitalisierung im Tourismus beschleunigt, was der Branche gut tun wird. Um der ganzen Situation etwas Positives abgewinnen zu können: Die Pandemie hat unser Marketing noch agiler gemacht.
Rivella | Thomas Warring, Leiter Marketing
Wir sind wie jedes Unternehmen, welches stark vom Ausserhaus- und Impulskonsum abhängig ist, sehr stark von der aktuellen Situation betroffen. Ganz aktuell besteht die grosse Herausforderung darin, aus der aktuellen recht unvorhersehbaren Entwicklung das Optimum herauszuholen, um schlussendlich einen maximalen Impakt bei der Zielgruppe zu erreichen.
Generell ist der «Moment of truth» dort, wo sich der Konsument für ein Rivella entscheidet. Gerade im krisengeschüttelten 2021 müssen wir tagtäglich unsere Zielgruppe davon überzeugen, Rivella und nicht eine alternative Marke zu kaufen.
«Penetration is a leaky bucket»: Unsere Hauptaufgabe besteht darin, bei den Rivella-Käufern und -Konsumentinnen mental verankert zu bleiben und im richtigen Moment Top of mind zu sein. Aber auch die Relevanz der physischen Verfügbarkeit, Distribution und Visibilität ist eine grosse Herausforderung. Verstärkt wird dies durch die zunehmende Fragmentierung der Regale und dem Überangebot von sogenannten Piranha-Brands, Kleinstmarken, die viel (zu viel) Platz im Regal beanspruchen.
Auch der Erfrischungsgetränkemarkt ist konstant in Bewegung. Konsumenten suchen immer wieder andere Geschmacksrichtungen und haben reichlich Optionen zur Hand. Zudem verändern sich die Konsumgewohnheiten der Schweizerinnen und Schweizer fortlaufend. Wir müssen auf gesellschaftspolitische und gesellschaftliche Trends mit starken Innovationen antworten.
Die Mobiliar | Christoph Ott, Leiter Marketing
Responsiveness. Eine Pandemie wirkt sich dramatisch auf die Bedürfnisse und das Verhalten der Menschen aus. Neue Plattformen wie Clubhouse erlangen innert Tagen hohe Relevanz. Diese Beispiele zeigen, wie wichtig die schnelle Anpassungsfähigkeit einer Marketingorganisation heute ist. Um Chancen zu nutzen, müssen wir unsere Planungszyklen, Team-Konstellationen und Skills weiterentwickeln.
Jaywalker GmbH | Tina Wüst, Int. Leiterin Marketing & Kommunikation
Eine grosse Herausforderung ist der komplette Wandel zur Digitalisierung. Die klassische Werbung hat sich verändert, aktuelle Trends ändern sich sehr schnell und müssen sehr intensiv mitverfolgt werden, damit man als Marketing Agentur am Ball bleibt. Es entstehen neue Social Media Plattformen, neue Formate etc. Eine weitere Herausforderung ist, den eigenen Content an seine Zielgruppe anzupassen und dieser auf eine originelle und spannende Art zu vermitteln. Zu berücksichtigen dabei ist, dass nicht jeder Content gleich auf jeder Plattform anwendbar ist. Beispielsweise funktioniert der Social-Media-Kanal TikTok ganz anders als Facebook oder Instagram. Wichtig dabei ist, sich intensiv mit neuen Plattformen auseinanderzusehen, diese kennenzulernen und dabei lernen, was sich eignet und was nicht.
Fazit
Das daily Business der Marketingabteilungen ist geprägt von Umstellungen, (erzwungener) Flexibilität und dem absoluten Muss, sich der Situation anzupassen. Während die Pandemie auch dieses Jahr vieles auf den Kopf stellt, vor allem in Branchen wie dem Tourismus, können zumindest ein paar wenige Vorteile herausgelesen werden: Die Digitalisierung wird vorangetrieben und Unternehmen stellen sich darauf ein, ihre Marketing Massnahmen für die Kundinnen und Kunden auf diese zuzuschneiden und im richtigen Moment zuzuschlagen.