Neuromarketing<\/a> werden Erkenntnisse aus diesem Forschungsfeld f\u00fcr die Optimierung von Marketingmassnahmen verwendet. Laut empirischer Forschung innerhalb dieser Disziploin pr\u00e4gt man sich etwas \u2013 in unserem Fall Marken, Namen, Produkte \u2013 besser ein, wenn es in einem emotional erregenden Kontext wahrgenommen wird. Emotional erregend kann vieles sein. Werbung kann Angst, Ekel, Freude, Wut aber eben auch Erotik erzeugen.<\/p>\n\n\n\nEinfluss auf Wahrnehmung eines Werbeinhalts als erotisch nehmen dabei der Nacktheitsgrad, der sexuelle Bedeutungsgehalt des Beworbenen, die Suggestivit\u00e4t der verbalen und bildlichen Aussagen und die Romantik. Sind diese Faktoren gegeben, f\u00fchlen wir uns emotional gen\u00fcgend angesprochen, um uns besser an das Gezeigte zu erinnern und sollen so eher zu K\u00e4uferinnen und K\u00e4ufern werden, l\u00e4sst sich daraus schliessen. Simpel aber effektiv.<\/p>\n\n\n\n
Wissenschaftliche Erkenntnisse kontra Sex sells<\/h2>\n\n\n\n So simpel ist es laut neuerer empirischer Erkenntnisse aber eben doch nicht. Einerseits weiss man mittlerweile vom Vampir-Effekt. Studien mit dem Einsatz von Eye-Tracking-Brillen zeigen n\u00e4mlich, dass das Objekt der emotionalen Erregung vom beworbenen Produkt ablenken kann. Das heisst, die Werbung wird sehr wohl wahrgenommen, allerdings nur wegen des sexuellen Inhalts. Es entsteht folglich nicht der erw\u00fcnschte Werbeeffekt.<\/p>\n\n\n\n
Zum selben Schluss kommt auch eine Metaanalyse von 78 Studien zum Thema. Diese h\u00e4lt fest: Konsument*innen erinnern sich zwar gut an die Anzeigen mit sexuellen Inhalten oder Kontexten, aber nicht an die Marken und Produkte, welche darin beworben wurden. Zudem stellte man fest, dass das Ansehen der Unternehmen, die auf Sex sells setzen, nach dem Sehen der Anzeige leicht sinkt.<\/p>\n\n\n\n
Moral und Recht<\/h2>\n\n\n\n Wo liegt die Trennlinie zwischen Sexualisierung und Sexismus? Das ist die zentrale Frage, die es bei der rechtlichen und moralischen Einordnung von Sex sells zu behandeln gilt. Ist Sex sells immer gleich sexistisch? Das Problem liegt in den unterschiedlichen Auslegungen von Sexualisierung. Einige verstehen darunter nur die Fokussierung auf oder Hervorhebung von Sexualit\u00e4t innerhalb eines gr\u00f6sseren Kontextes, ohne dass dies inh\u00e4rent negativ zu beurteilen w\u00e4re. Andere sehen soziale Hierarchisierung und die Degradation von Menschen zu sexuellen Objekten als Sexualisierung. Sexismus hingegen meint die geschlechterbezogene Diskriminierung, welche nicht zwingen mit Sexualisierung einhergeht. <\/p>\n\n\n\n
Die Lauterkeitskommission<\/h3>\n\n\n\n Interessanterweise gibt es weder in der Schweiz noch in den meisten anderen europ\u00e4ischen L\u00e4ndern Gesetze, welche sexistische Werbung regeln. Diese existieren h\u00f6chstens auf Kantons- oder Gemeindeebene. Bei uns gibt es aber auf Bundesebene die Lauterkeitskommission, ein Selbstregulierungsgremium aus Werbenden, Konsumierenden und Medienschaffenden. Jede und jeder kann bei dieser Kommission kostenlos eine Beschwerde zu einer Werbung einreichen. Wenn die Lauterkeitskommission eine Werbung f\u00fcr unlauter befindet, fordert sie den Werbetreibenden auf, diese einzustellen. Geschieht dies nicht, kann sie die Werbung und den Urheber \u00f6ffentlich machen, was aber selten geschieht.<\/p>\n\n\n\nDiese Werbung ging der Lauterkeitskommission zu weit: \u00abDie Abbildung des m\u00e4nnlichen Models dient lediglich als Eyecatcher respektive Blickfang f\u00fcr die kommerzielle Kommunikation. Dass er zudem mit einer Fl\u00fcssigkeit \u00fcbergossen wird, macht ihn zus\u00e4tzlich zu einem willenlosen und manipulierenden Objekt. Dies verletzt die W\u00fcrde des m\u00e4nnlichen Geschlechts.\u00bb Bildquelle: watson.ch<\/figcaption><\/figure>\n\n\n\nIm Grundsatz Nr. B.8 regelt die Lauterkommission, was f\u00fcr sie als \u00abgeschlechtsdiskriminierende kommerzielle Kommunikation\u00bb gilt und damit die W\u00fcrde eines Geschlechts verletzt:<\/p>\n\n\n\n
\u00abGeschlechterdiskriminierende kommerzielle Kommunikation liegt insbesondere vor, wenn <\/p>\n\n\n\n
\neinem Geschlecht stereotype Eigenschaften zugeschrieben werden und damit die Gleichwertigkeit der Geschlechter in Frage gestellt wird, <\/li>\n\n\n\n Unterwerfung oder Ausbeutung dargestellt oder zu verstehen gegeben wird, dass Gewalt oder Dominanzgebaren tolerierbar seien, <\/li>\n\n\n\n bei den dargestellten Personen das Kindes- und Jugendalter nicht mit erh\u00f6hter Zur\u00fcck-haltung respektiert wird,<\/li>\n\n\n\n zwischen der das Geschlecht verk\u00f6rpernden Person und dem Produkt kein nat\u00fcrlicher Zusammenhang besteht, <\/li>\n\n\n\n die Person in rein dekorativer Funktion als Blickfang dargestellt wird, <\/li>\n\n\n\n eine unangemessene Darstellung von Sexualit\u00e4t vorliegt.\u00bb<\/li>\n<\/ol>\n\n\n\nSex verkauft nur sich selbst<\/h2>\n\n\n\n Sex verkauft nicht, Sex zieht aber Aufmerksamkeit auf sich. Das geht aus dem aktuellen Stand der Forschung hervor. Die Darstellung von sexualisierten Inhalten im Zusammenhang mit Werbung ist f\u00fcr Unternehmen also je nach Ziel der Marketingmassnahme nach wie vor interessant. Sie will jedoch mit Bedacht eingesetzt werden. Gefragt ist Erotik, nicht Sexismus, denn das gesellschaftliche Gesp\u00fcr f\u00fcr Sexismus und kritische Sexualisierung ist heute ein anderes als vor 50 Jahren. Fr\u00fcher wurden in der Werbung M\u00e4nner meist berufst\u00e4tig und Frauen als Dekoration, als Sexobjekt dargestellt. Das ist heute gl\u00fccklicherweise fortschrittlicher. Werbung kann schlecht oder etwas anst\u00f6ssig sein, hat aber nie das Recht zu diskriminieren.<\/p>\n\n\n\n
Gutes Sex sells stellt einen Bezug zum Beworbenen her und zeigt unerwartete Schnittpunkte auf, ansonsten st\u00f6rt es und zieht die Missgunst der Konsument*innen nach sich. Es muss subtil und verf\u00fchrerisch vorgegangen werden. Modernes Sex sells dreht daher den Spiess um. Anstelle des Werbeinhalts sollen sich Konsument*innen sexy f\u00fchlen. Das w\u00fcrde bestimmt auch die Burgerwerbung aus dem Einstieg deutlich sympathischer machen.<\/p>\n","protected":false},"excerpt":{"rendered":"
Auf einem Plakat r\u00e4kelt sich eine schlanke Blondine. Daneben ist ein Burger abgebildet und es heisst \u00abSie wird dir sagen, dass es nicht auf die Gr\u00f6sse ankommt. Sie l\u00fcgt!\u00bb. Sex sells k\u00f6nnte man da resigniert feststellen. Aber stimmt das wirklich? Produkte in der Verbindung zu nackter Haut zu bewerben, geh\u00f6rt zur heutigen Werbelandschaft wie Aromat […]<\/p>\n","protected":false},"author":94,"featured_media":12957,"comment_status":"closed","ping_status":"open","sticky":false,"template":"","format":"standard","meta":{"_acf_changed":false,"inline_featured_image":false,"footnotes":""},"categories":[95],"tags":[],"class_list":["post-12951","post","type-post","status-publish","format-standard","has-post-thumbnail","hentry","category-marketing-strategie"],"acf":[],"_links":{"self":[{"href":"https:\/\/marketing.ch\/wp-json\/wp\/v2\/posts\/12951","targetHints":{"allow":["GET"]}}],"collection":[{"href":"https:\/\/marketing.ch\/wp-json\/wp\/v2\/posts"}],"about":[{"href":"https:\/\/marketing.ch\/wp-json\/wp\/v2\/types\/post"}],"author":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/marketing.ch\/wp-json\/wp\/v2\/users\/94"}],"replies":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/marketing.ch\/wp-json\/wp\/v2\/comments?post=12951"}],"version-history":[{"count":3,"href":"https:\/\/marketing.ch\/wp-json\/wp\/v2\/posts\/12951\/revisions"}],"predecessor-version":[{"id":19531,"href":"https:\/\/marketing.ch\/wp-json\/wp\/v2\/posts\/12951\/revisions\/19531"}],"wp:featuredmedia":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/marketing.ch\/wp-json\/wp\/v2\/media\/12957"}],"wp:attachment":[{"href":"https:\/\/marketing.ch\/wp-json\/wp\/v2\/media?parent=12951"}],"wp:term":[{"taxonomy":"category","embeddable":true,"href":"https:\/\/marketing.ch\/wp-json\/wp\/v2\/categories?post=12951"},{"taxonomy":"post_tag","embeddable":true,"href":"https:\/\/marketing.ch\/wp-json\/wp\/v2\/tags?post=12951"}],"curies":[{"name":"wp","href":"https:\/\/api.w.org\/{rel}","templated":true}]}}