Mit einer kundenzentrierten Sicht- und Denkweise können Marketer ihre Ressourcen optimal nutzen und den Erfolg ihrer Kampagnen steigern. Dies lässt sich über People-based Marketing mithilfe von Personas, Nutzeridentifizierung und Automatisierung konzeptionell und technisch umsetzen.
Wer Kunden persönlich ansprechen will, muss sich von etablierten Zielgruppen-Merkmalen und traditionellen Personas lösen. Denn schaut man sich mit dieser Brille die Gemeinsamkeiten von Prinz Charles und Ozzy Osbourne an, würden beide in die gleiche Zielgruppe fallen. Sie sind gleich alt, vermögend, zum zweiten Mal verheiratet und mögen Hunde sowie Winterferien in den Alpen. Es ist aber klar, dass man beide trotzdem ganz unterschiedlich ansprechen muss. Viele Zielgruppen-Definitionen berücksichtigen das noch nicht, denn dort fliessen kaum Überzeugungen, Probleme, Motivationen oder spezielle Bedürfnisse einzelner Kunden ein. Unternehmen müssen ihre Kunden genauestens verstehen und in der Lage sein, deren Custumer Journeys nachzuvollziehen. Wie komplex diese teilweise sind, illustriert die Google-Studie „The Car-Buying Process“, die 900 Touchpoints für den Autokauf ermittelt hat. Von dieser Komplexität aber können Unternehmen Gebrauch machen: Kunden hinterlassen an jedem Berührungspunkt Daten, die Unternehmen sammeln und auswerten sollten. Damit schaffen sie die Voraussetzung, die „Next Best Action“ zu ermitteln, die den Kunden an jedem weiteren Schritt seiner Journey sinnvoll unterstützt. So können Organisationen Kampagnen erfolgreich personalisieren und automatisiert ausspielen.
Anonyme Nutzerdaten analysieren und Informationslücken schliessen
Die Grundlage für die Konzeption unterschiedlicher Journey Stages setzt sich aus Daten zusammen, die aus unterschiedlichen Systemen kommen. Viele B2C-Unternehmen haben beispielsweise E-Mail-Adressen von Kunden vorliegen, die sie für Marketingzwecke nutzen können. Hinzu kommen anonymisierte Website-Daten sowie Informationen aus dem Tracking, die sich mit einem Orchestrierungstool nutzen lassen. Prinzipiell sind Analytics-Systeme in der Lage, Daten über anonyme Nutzer zu Technologie, Ort, Zeit und Interaktionen zu sammeln. Daraus lassen sich Datensegmente bilden und Nutzer mit ähnlichem Verhalten einer Journey Stage zuordnen.
Allerdings kann man Nutzer nicht ohne weiteres über verschiedene Geräte und Kanäle identifizieren. Um sogenannte „Channel Gaps“ und „Device Gaps“ zu überwinden, müsste man sie motivieren, sich auf jedem Gerät und Kanal zu registrieren oder einzuloggen. Hier können technisch Device-Bridges helfen, die User-Logins unter Anbietersystemen auszutauschen. Oder es kommen ID-Services zum Einsatz, die kanalspezifische Cookies im Hintergrund synchronisieren. Die dritte Variante ist Visitor Stiching. Dabei werden IP-Adresse, Zeitpunkt, Geo-Location sowie Browser- und Betriebssystem für eine Wahrscheinlichkeitsrechnung benutzt. Auch so lässt sich ein Nutzer geräteübergreifend identifizieren.
Customer Data Platforms datenschutzkonform einsetzen
Gebündelt wird die Nutzer-Identifizierung in der Regel in Identity Management Systemen in Kombination mit Customer Data Platforms (CDPs). Solche Plattformen speichern anonyme wie auch personenbezogene Nutzerprofile und verwalten verschiedene IDs in unterschiedlichen Kanälen und Geräten. CDPs bilden die Schnittstelle zwischen Marketing-Architektur und CRM. Da die gesammelten Informationen bereits einem Nutzer zugeordnet sind, können diese mit CRM-Daten verknüpft werden – sofern ein personenbezogener Schlüssel wie Login-ID, E-Mail-Adresse oder Name/Adresse in beiden Systemen abliegt. Sobald ein Unternehmen jedoch Nutzerprofile speichert, greifen gesetzliche Datenschutzregelungen. Diese gilt es, strikt einzuhalten.
In fünf Schritten zur Marketing Automation
Auf CDPs, die sauber identifizierte und allenfalls angereicherte Nutzerprofile verwalten, baut Marketing Automation auf. Dabei geht es darum, softwaregestützt personalisierte Inhalte auf Websiten, in Anzeigen und weiteren Kanälen programmatisch auszuspielen. Auch das Onboarding von Kunden über eine E-Mail-Strecke, Kampagnen-, Social-Media- und E-Mail-Marketing, Web-Tracking, Lead Nurturing, Analytics sowie Reporting gehören zu den wichtigsten Funktionen. Um einen Marketing-Automation-Case zu identifizieren, zu entwickeln und umzusetzen, haben sich in der Praxis folgende fünf Schritte bewährt:
1. Ziel und Conversion definieren
2. Geeignete Audiences identifizieren
3. Nurturing-Strategie definieren
4. Botschaften und Inhalte ausgestalten
5. Auslöser und Ablauf definieren
Wichtig für die spätere Messbarkeit sowie die automatische Optimierung ist es, die Ziele wie Verkauf oder Lead-Generierung auf konkrete Conversions herunterzubrechen. So wird ein User zu einem konvertierten Nutzer erklärt, wenn dieser etwas bestellt oder seine Kontaktdaten angibt.
Für die technische Umsetzung stehen Marketing Clouds von Anbietern wie Adobe, Salesforce oder SAP bereit. Bei der Evaluierung, welche sich am besten für welchen Anwendungsfall eignet, kann ein Digitalspezialist unterstützen. Diese Plattformen bilden generell von der Customer Journey über die Automatisierung in der Ausspielung der Experiences bis hin zur kanalübergreifenden Datenspeicherung von Nutzerprofilen alles in einem Gesamtsystem ab. Dadurch minimieren sich Reibungsverluste an den Schnittstellen.
Vom Interessenten zum loyalen Wiederverkäufer
Konzeptionell ausgearbeitete Customer Journeys und kanalübergreifende Nutzer-Identifizierung schaffen die Grundlage, auf der Marketing Automation ansetzt und individuelle Experiences ausspielt. Denn das Wesen von People-based Marketing besteht darin, eine Botschaft an den Empfänger zu senden, die zu dessen Situation passt. Auch wenn dies noch nicht perfekt im Sinne eines One-to-One-Marketings klappt, so zeichnet sich der Nutzen ab: Interessenten werden über automatisierte Marketingprozesse zu Kunden und schliesslich im Idealfall zu loyalen Wiederkäufern.
Über den Autor
Janko Zehe ist Senior Principal Consultant und CRM Practice Lead bei Namics – A Merkle Company. (Quelle: Namics)
Kurzvita: Janko Zehe (41) hat es schon während des Studiums zu Namics verschlagen. Nach Stationen in der Healthcare-Industrie und der IT- und Managementberatung kehrte er 2016 zu Namics zurück und verantwortet seitdem das Thema CRM mit all den zugehörigen Facetten.
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