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Industrie 4.0 – Fluch oder Segen?

Source: businessinsider.com
Story of the week: Industrie 4.0

Bereits im Jahr 2011 tauchte der Begriff Industrie 4.0 offiziell das erste Mal auf. Doch auch nach 6 Jahren ist er kaum bekannt. Und selbst für diejenigen, die sich damit beschäftigt haben, ist Industrie 4.0 schwer zu verstehen. Was verbirgt sich hinter Industrie 4.0? Dieser Artikel soll Abhilfe schaffen und aufzeigen, welche Chancen die Industrie 4.0 für Unternehmen mit sich bringt.

Märkte werden zunehmend unvorhersehbar und unbeständig. Kunden wollen vermehrt individualisierte Produkte. Unternehmen stehen somit laufend vor neuen Herausforderungen, bei denen sie mit den starren Automatisierungskonzepten aus der dritten industriellen Revolution nicht mithalten können. Aufgrund der vorherrschenden Marktsituation werden im Rahmen der Industrie 4.0 die aktuellen Informations- und Kommunikationstechnologien mit der Produktions- und Automatisierungstechnik kombiniert. Durch diese digitale Vernetzung kann die Wirtschaftlichkeit der Unternehmen erhöht werden.

Was verbirgt sich hinter Industrie 4.0?

Der Definition zufolge steht die Industrie 4.0 für die vierte industrielle Revolution und bezieht sich auf Wertschöpfungsprozesse innerhalb sowie auch ausserhalb des Unternehmens. Die vierte industrielle Revolution umfasst die Vernetzung aller an der Wertschöpfungskette beteiligten menschlichen und maschinellen Akteure. Ziel ist es, die Prozesse der Wertschöpfung transparenter und effizienter zu gestalten, um den Kundennutzen zu optimieren. Der Zyklus der Wertschöpfungskette richtet sich nach den zunehmend individualisierten Kundenwünschen und beinhaltet alle Stufen, von der Idee, dem Auftrag über die Entwicklung und Fertigung, die Auslieferung der Produkte an den Endkunden bis hin zum Recycling, inklusive der damit verbundenen Dienstleistung. Eine neue Stärke der Organisation und Steuerung der gesamten Wertschöpfungskette über den gesamten Lebenszyklus von Produkten und Dienstleistungen wird angestrebt. Aufgrund der Integration aller Komponenten einer Wertschöpfungskette ist klar, dass es sich um einen grundlegenden Wandel der industriellen Produktionsweise handelt und nicht nur um einen Teil davon.

Die Verwendung der Informationen nachgelagerter Prozesse für die aktive Steuerung und Beeinflussung der Prozesse in der Gegenwart macht die Industrie 4.0 besonders. So liefert beispielsweise die Supermarktkasse laufend, wie viele Packungen Milch verkauft wurden und somit die aktuellen Warenbestände. Aufgrund solcher Informationen können Prozesse direkt aktiv gesteuert werden.

Aus der technischen Sichtweise beinhaltet die Industrie 4.0 folgende Komponenten:

– Intelligente Maschinen/Geräte/Werkstücke
– Machine-to-Machine Kommunikation
– Internet der Dinge
– Big->Smart Data
– Selbstlernende Systeme
– Augmented Reality

Geräte können zukünftig Daten über das Internet zur Verfügung stellen, aber auch über ihre Daten Aktionen auslösen oder selbst agieren, ohne menschliches Zwischenhandeln. Jedes Objekt kann zu Knoten und Endpunkten im Internet werden. Aber nicht nur Maschinen und Anlagen, sondern eben auch Waschmaschinen, Klimaanlagen, Autos und noch vieles mehr.

Voraussetzung von Industrie 4.0 ist eine möglichst vollständige Vernetzung von Automationskomponenten, Qualitäts- und Produktionsmanagementsystemen im Fertigungsumfeld und ein Informationsaustausch entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Neben der Vernetzung der Fertigungseinrichtung ist auch die enge Echtzeitverbindung mit betriebswirtschaftlicher Analysesoftware unumgänglich, wie das vorherige Beispiel mit der Supermarktkasse aufzeigte.

Bedeutung und Chancen für Unternehmen

Industrie 4.0 bedeutet für Unternehmen einerseits eine grosse Herausforderung. Um die Wettbewerbsfähigkeit nachhaltig zu sichern, ist es für Organisationen unersetzlich, mit der Zeit zu gehen und auf die bevorstehenden Veränderungen zu reagieren. Andererseits entsteht durch Industrie 4.0 eine enorme Chance für einen Wandel bestehender Geschäftsmodelle sowie die Generierung neuer Geschäftspotenziale. Weiter bietet sich die Chance, das Unternehmens-Kundenverhältnis fundamental weiter zu entwickeln. Aufgrund der Digitalisierung soll die Distanz zwischen Angebot und Nachfrage minimiert werden.

Durch folgende Eigenschaften werden Unternehmen durch die vierte industrielle Revolution ausgezeichnet:

– Flexible und sogleich effiziente Produktion
– Eine hohe Produktindividualisierung
– Integrierte Kunden und Geschäftspartner in die Prozesse
– Verknüpfte Produktion mit bestmöglicher Dienstleistung

Aufgrund der fortlaufenden Echtzeitanalysen verkürzen sich Reaktionszeiten und Ressourcen können optimal genutzt werden. Auch werden ungeplante Stillstände vermieden sowie Verschwendungen auf ein Minimum reduziert. Dies lässt völlig neue und agile Geschäftsmodelle entstehen. Basierend auf einer Studie kann gesagt werden, dass Unternehmen durch die Industrie 4.0 die Chance haben, ihre Schnelligkeit, Flexibilität und Produktivität um satte 40 Prozent zu steigern.

Folgendes Beispiel soll die Thematik verständlicher machen:

Der Drucker. Seit einiger Zeit sind Drucker auf den Markt erhältlich, welche weit mehr als nur Drucken, Faxen und Scannen können. So lassen sie sich beispielsweise mit einer eigenen Adresse ans Internet anschliessen. Der Drucker weist darauf hin, wenn eine Farbpatrone leer ist und empfiehlt eine neue Patrone vom Hersteller selbst zu kaufen. Nur ein Klick und die Patrone ist bestellt und wird umgehend geliefert, ehe die installierte Patrone leer ist. Diese Anbindung an das Internet befähigt einen höheren Zugang zu den Kunden und deren Anbindung, was bei einem normalen Händlergeschäft so nicht realisierbar ist.
Dies zeigt zugleich, dass die vierte industrielle Revolution nicht nur die Produktionsweise und industriellen Prozesse miteinbezieht und verändert, sondern eben auch unser Leben und unsere Arbeit.

Obwohl Industrie 4.0 alle Stufen der Wertschöpfungskette massgeblich beeinflusst, werden oftmals entscheidende Glieder nicht berücksichtigt. Hauptsächlich wird nur auf die Veränderung in der Produktion eingegangen und alles andere als nicht wichtig betrachtet. Wer also nichts mit der Herstellung von Produkten zu tun hat, widmet sich wieder anderen Themen zu. Doch die Industrie 4.0 verändert unsere gesamte Industrie und nicht nur das, was die Digitalisierung mit der Industrie macht und somit nur für diejenigen interessant ist. Industrie 4.0 ist der Teil der Digitalisierung, welcher die gesamte menschliche Gesellschaft betrifft. Er bringt weitaus mehr Veränderungen im Alltag mit sich, als das Smartphone, denn er involviert zunehmend alle Gegenstände unseres Lebens.

Industrie 4.0 stellt sicherlich nicht nur ein Hype dar, sondern ist ein Geistesblitz mit Donnerschlag und Nachbeben. Er lässt sich durch die zunehmenden Forderungen der Kunden an zukünftige Lösungen nicht mehr aufhalten. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die Industrie 4.0 für die gesamte Bevölkerung von Bedeutung ist und aufgrund der Vernetzung aller an der Wertschöpfungskette beteiligten Akteure zahlreiche Chancen bietet. Dazu gehören Individualisierung, Flexibilisierung, Produktivitätssteigerung, Steigerung der Einsatzfähigkeit der Mitarbeiter sowie Erweiterung des Geschäftsmodells. Industrie 4.0 bedeutet agiler, flexibler, besser und kostengünstiger bei neuer Qualität, also ein Segen – nicht nur für Unternehmen, sondern auch unser tägliches Leben.

Sinnbild Industrie 4.0

Literaturverzeichnis

Glück, M. (2016). FAQ – Industrie 4.0. Düsseldorf: Symposion Publishing.
Kaufmann, T. (2015). Geschäftsmodelle in Industrie 4.0 und dem Internet der Dinge. Wiesbaden: Springer Vieweg.
Reinhart, G. (2017). Handbuch Industrie 4.0. München: Hanser Verlag.
Roth, A. (2016). Einführung und Umsetzung von Industrie 4.0. Berlin Heidelberg: Springer Gabler.
Sendler, U. (2016). Industrie 4.0 grenzenlos. Berlin Heidelberg: Springer Vieweg.

Bildquelle: www.kaercher.com

Redaktion

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